„Psyche ist ausgedehnt, weiß nichts davon“ (Sigmund Freud)

Neues YouTube-Video:

Eine der bemerkenswertesten, aber auch rätselhaftesten Aussagen Sigmund Freuds. Dass sie mit wenig Kontext als Notiz auftauchte, macht es nicht leichter: Was kann es heißen, dass die Psyche „ausgedehnt“ ist? Wie ist es zu verstehen, dass sie „nichts davon weiß“? Eine kleine Spurensuche.

Ergänzung: Bei den Recherchen zu dem Video ist mir ein Blogartikel von Christopher Watkin in die Hände gefallen, in welchem dieser mutmaßt, ob der Nebensatz „weiß nichts davon“ sich nicht auch als erste Person („ich weiß nichts“) statt als dritte Person („sie weiß nichts“, bezogen auf „die Psyche“) lesen ließe. Das ist ein intelligenter Einwand, nichtsdestotrotz deutet der Rest der Notiz darauf hin, dass die dritte Person gemeint ist, da Freud ja Räumlichkeit als „Projektion“ wertet; das Nichtwissen ist hier, wie nicht unüblich in der Psychoanalyse, als Unbewusstes zu verstehen.

Bewusstsein und Gewusstwerden

Wir sehen jetzt durch einen Spiegel ein dunkles Bild; dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich stückweise; dann aber werde ich erkennen, wie ich erkannt bin. (1. Kor 13, 12)

Das Unbewusste als komplementäres Gegenstück zum Bewusstsein hat schon lange einen festen Platz in unserer Kultur gefunden. Der Begriff „Unterbewusstsein“ kursiert synonym hierfür ebenso, widerspricht sich jedoch selbst, denn wenn sich das Unterbewusstsein gerade dadurch auszeichnen soll, dass mir seine Inhalte nicht bewusst sind, dann sollte es wohl nicht als ein zweites Bewusstsein unterhalb des eigentlichen Bewusstseins gedacht werden, sondern eben als Nicht-Bewusstsein, als Unbewusstsein oder eben Unbewusstes.

Unbewusst kann uns der Ort sein, an welchem wir den Schlüssel abgelegt haben (wenn wir aufgehört haben, darüber nachzudenken, fällt er uns auf magische Weise dann plötzlich ein), das Leid der Tiere, welches ich beim Einkauf verdränge, um mich nicht mit meinem Gewissen herumplagen zu müssen sowie die Einsicht, dass mein schlechter Geschmack bei Frauen auf ein gestörtes Verhältnis zu meiner Mutter zurückzuführen sei. Weiterlesen